„Wo ist der Wald in deinen Daten?“ – Multispecies-Perspektiven und Forschungspraxis: Anna Brietzke (ISOE) bei der Online-Veranstaltungsreihe des Netzwerks Soziologische Waldforschung | 15. Mai 2024 | 17-19 Uhr

Bei der zweiten Online-Veranstaltung der von flumen und Kolleg:innen organisierten Reihe des Netzwerks Soziologische Waldforschung hält Anna Brietzke vom Institut für sozial-ökologische Forschung (ISOE) am 15. Mai 2024 von 17:00 bis 19:00 Uhr den Beitrag „Wo ist der Wald in deinen Daten?“ – Multispecies-Perspektiven und Forschungspraxis.

Abstract

In meinem Promotionsprojekt nehme ich Konfliktdynamiken um „den Wald der Zukunft“ mit einem besonderen Fokus auf Zukunftsimaginationen und (Un)sicherheiten aus sozial- und kulturanthropologischer Perspektive in den Blick. Ausgehend von einer Multispecies-Perspektive betrachte ich dabei auch, inwiefern nicht-menschliche Wirkende (z.B. Tiere, Pflanzen, Pilze) und ihre Netzwerke in das Waldökosystem, in die Aushandlungen und in das Machen von Zukünften eingeflochten sind.

Multispecies-Perspektiven erfahren in verschiedenen geistes-, kultur- und sozialwissenschaftlichen Disziplinen ein immer größer werdendes Interesse. Ausgangspunkt von Multispecies-Forschungen ist die Erkenntnis, dass die Welt nicht allein von Menschen gestaltet wird. Sie nehmen stattdessen die Verflochtenheit von Organismen, ihre Abhängigkeiten und Wirkungen in den Blick. Doch wie kann – über eine vielfach beschriebene Perspektive hinaus – eine Forschungspraxis aussehen, die nicht-menschliche Wirkende auch in der empirischen Forschung ernst nimmt?

In diesem Vortrag möchte ich von meinen Erfahrungen mit verschiedenen Methoden berichten, mit denen ich versuche, Multispecies-Perspektiven in meiner Forschungspraxis präsent zu machen. Ich plädiere dabei auch dafür, unter nicht-menschlichen Wirkenden nicht nur lebende Organismen (wie z.B. Birken, Rehe, Flechten) zu fassen, sondern auch jene Wirkende einzubeziehen, die keine Lebewesen sind (z.B. Waldbrände, Kohlenstoff, Weisergatter, Forsteinrichtungen, Waldzeichen, Licht und Schatten). Der Vortrag soll den Austausch darüber eröffnen, wie „der Wald“ und einzelne seiner unzähligen Elemente beim Daten erheben, Schreiben und vielleicht auch darüber hinaus sichtbar werden können.

Online über Webex – Einwahldaten

Mittwoch, 15. Mai 2024 17:00  |  (UTC+02:00) Amsterdam, Berlin, Bern, Rom, Stockholm, Wien  

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Online-Veranstaltungsreihe des Netzwerks Soziologische Waldforschung

Die Anfang 2024 ins Leben gerufene Online-Veranstaltungsreihe des Netzwerks Soziologische Waldforschung lädt alle interessierten Personen aus Wissenschaft und Praxis ein, Beiträge zur soziologischen, sozialwissenschaftlichen und kulturwissenschaftlichen Waldforschung im deutschsprachigen Raum zu diskutieren und gemeinsam weiterzuentwickeln.

In dieser Veranstaltungsreihe wollen wir uns im Anschluss an ca. 30-minütige Vorträge von Netzwerkmitgliedern und Gastredner:innen Zeit für die ausführliche Diskussion untereinander nehmen, die im wissenschaftlichen Alltag oft zu kurz kommt. Wir wollen einen entspannten, kollegialen Raum eröffnen, in dem Forschungsergebnisse vorgestellt werden können und der vornehmlich dem intensiven Austausch von an ähnlichen Themen und Fragen forschenden Personen dient. Nicht zuletzt wollen wir das Netzwerk lebendig halten und uns die Zeit bis zum nächsten Offline-Treffen verkürzen! 

Die Idee zu dieser Online-Veranstaltungsreihe ist auf dem ersten soziologischen Waldsymposium am 1. Dezember 2023 an der Friedrich-Schiller-Universität Jena entstanden. Die Veranstaltungsreihe soll dazu dienen, die dort begonnenen Debatten fortzusetzen und die geknüpften Kontakte zu intensivieren. 

Die Veranstaltungsreihe ist immer folgendermaßen aufgebaut: Die Veranstaltung ist auf zwei Stunden am Abend angesetzt (z.B. 17-19 Uhr). Zu Beginn gibt es einen inhaltlichen Input von ca. 30 Minuten, dieser wird anschließend gemeinsam diskutiert. In der letzten halben Stunde schließt sich an den inhaltlichen Austausch die Möglichkeit an, Fragen und Anregungen hinsichtlich des Ende 2023 neu gegründeten informellen Netzwerks Soziologische Waldforschung miteinander zu besprechen. 

Wir planen momentan, alle 2-3 Monate eine Veranstaltung auszurichten. 

Dafür sind wir auf die Unterstützung von euch allen angewiesen! 

Hosts and guest speakers wanted!

Um die Verantwortung auf möglichst vielen Schultern zu verteilen und möglichst vielen Personen zu ermöglichen, ihre inhaltlichen Perspektiven einzubringen, soll jede Online-Veranstaltung von anderen Personen organisiert und verantwortet werden. Es gibt Vorlagen für Save the Date/Einladungen und Hinweise für die Moderation und Organisation auf Sociohub im Space “Sozial- u. kulturwissenschaftl. Waldforschung”. Bei Fragen zu der Veranstaltungsreihe oder Interesse, die nächste Veranstaltung auszurichten oder darin vorzutragen, schreibt entweder im Sociohub Space oder wendet euch per Email an jana.holz@uni-jena.de oder an mich (manuel.john@forst.bwl.de).

Judith Kiss wirkt bei Tagung „Zeiten des Umbruchs. Perspektiven einer Ökologie der Zeit“ mit | 26.-28. April 2024

„Die Zeit ist aus den Fugen. Die alles dominierende „Zeit ist Geld“-Logik kommt Mensch und Natur teuer zu stehen. Wir brauchen eine andere Zeitpolitik, um die Zukunft für kommende Generationen zu sichern. Wie kommen wir von der Ökonomie zu einer Ökologie der Zeit?“ – darum geht es den Organisator:innen der Tagung „Zeiten des Umbruchs. Perspektiven einer Ökologie der Zeit„, die vom 26. bis 28. April 2024 in der Evangelischen Akademie Tutzingen stattfinden wird.

Einleitend wird Judith Kiss am 26. April mit Dr. Eberhard Faust ein Gespräch über „Angst vor zu schnellen Änderungen – Angst vor zu langsamen und nicht genügend starken Änderungen“ führen.

Jana Holz gibt Input in einer Veranstaltung des Sachverständigenrats für Umweltfragen zum Diskussionspapier „Suffizienz als ‚Strategie des Genug'“ | 29. April 2024

Die online-Veranstaltung findet am 29.04.2024 statt. Es wird das vom Sachverständigenrat für Umweltfragen aufgesetzte Diskussionspapier „Suffizienz als ‚Strategie des Genug‘ vorgestellt und diskutiert. An der Veranstaltung nehmen verschiedene Akteure aus Politik, Wissenschaft und Zivilgesellschaft teil.

29.04.2024 16:00 – 18:30 Uhr

UhrzeitWas?Wer?
16:00Begrüßung  Prof. Claudia Hornberg | SRU-Vorsitzende
16:05Vorstellung des Programms  Susanne Bergius | Moderatorin und Journalistin
16:10Impuls  Staatssekretär Stefan Tidow | BMUV
16:20  Impuls  Staatssekretär Sven Giegold | BMWK
16:35Vorstellung des SRU-Papiers „Suffizienz als ‚Strategie des Genug‘: Eine Einladung zur Diskussion“Prof. Wolfgang Lucht | SRU
16:55Ausgewählte Beiträge zum DiskussionspapierPersonen der Zivilgesellschaft und Wissenschaft
18:10Kurze Reaktionen auf die Beiträge 
18:20SchlusswortProf. Christina Dornack | SRU

Anmeldung

Die Anmeldung erfolgt über einen Gast-Link, der unter diesem Link am Veranstaltungstag (29.04.2024) zur Verfügung gestellt wird. Eine Registrierung ist nicht erforderlich.

Zum Diskussionspapier

Der menschliche Naturverbrauch muss schnell und drastisch verringert werden. Gleichzeitig haben viele Menschen keinen ausreichenden Zugang zu Energie und Ressourcen. Anhand von 16 Thesen lädt der SRU dazu ein, über eine bisher vernachlässigte Dimension von Zukunftspolitik zu diskutieren: Suffizienz.

Suffizienz zielt darauf ab, den Verbrauch an Gütern und Dienstleistungen mit besonders schädlichen Umweltauswirkungen zu reduzieren. Sie ist ein in den Umweltwissenschaften etabliertes Konzept, das ergänzend neben Effizienz (mehr Output je Input) und Konsistenz (gleicher Output mit weniger umweltschädlichem Input) tritt. Suffizienz wird oft nur als individuelle Lebensstilfrage diskutiert. Dabei ist sie vielmehr eine strukturelle Aufgabe, die entsprechende politische und wirtschaftliche Rahmenbedingungen erfordert. Diese sollten eine umweltschonende gesellschaftliche Praxis fördern – anstatt sie, wie häufig, zu erschweren. Die Entwicklung nachhaltiger Wirtschafts- und Lebensweisen ist eine gemeinsame gesellschaftliche und politische Verantwortung.

Mit diesem Papier legt der SRU 16 Thesen vor, die Politik, Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft zur Diskussion einladen sollen. Es wird etwa dargestellt, warum wir Suffizienz zur Einhaltung der planetaren Belastungsgrenzen brauchen und warum Suffizienz auch eine Frage der Gerechtigkeit ist. Die Thesen betreffen unterschiedliche Lebensbereiche und fachliche Perspektiven (u.a. Ökonomik, Kreislaufwirtschaft, Recht und Kultur). Sie thematisieren auch, dass eine Diskussion über eine „Strategie des Genug“ absehbar schwierig und strittig verlaufen wird.

Weiterführender Link

Jana Holz bei IFPM5 in Helsinki

Vom 10. bis 12. April 2024 ist Jana Holz für flumen auf dem International Forest Policy Meeting 5 (IFPM5) an der Universität Helsinki.  

Sie ist dort in zwei Formaten inhaltlich eingebunden. Zusammen mit Tuulikki Halla (University of Eastern Finland) moderiert sie am Mittwoch, 10. April eine interaktive Session „Coffee Salon Human-Forest-Relationships (HFR) – Potentials and Challenges for Future-oriented Forest Policy and Research”. Der Salon findet statt als Teil der online Veranstaltungsreihe “Scientific Coffee Sessions Human-Forest-Relationship”, die flumen in Kooperation mit dem Human-Forest Relationship Research Clubseit 2021 ausrichtet. Der Salon richtet sich über die Teilnehmenden der Konferenz hinaus als interaktives Format auch an interessierte Personen der Universität Helsinki.

In der Session “Epistemic patterns and concepts: Facilitating critical analysis on gender in forestry” am 11. April trägt Jana Holz gemeinsam mit Dr. Anna Saave (BioMaterialities, Humboldt University Berlin ) und Ronja Schröder (Carl von Ossietzky University Oldenburg) zum Thema “Taking care of the forest as a part of nature – conceptual thoughts and empirical insights” vor. Sie diskutiert dort ihre empirische Forschung zu industrieller forstwirtschaftlicher Bioökonomie in Finnland im Vergleich zu forstwirtschaftlicher Praxis in Kanada und Deutschland mit der Perspektive der feministischen Care-Theorien. 

International Forest Policy Meeting
Beim IFPM5 kommen sozialwissenschaftlich Forschende zusammen aus den Bereichen Forstpolitik, Forstwissenschaften, Bioökonomie und sozial-ökologische Transformationsprozesse unter dem Motto „A political forest“. Die Konferenz findet wechselnd in verschiedenen Europäischen Ländern statt und ist international ausgerichtet.

„Ein neuer sozial-ökologischer Klassenkonflikt?“: Pressemitteilung zu Forschungsbericht von flumen | 5. April 2024

Foto: Jens Meyer (Universität Jena)

Auf der Webseite der Friedrich-Schiller-Universität ist eine Pressemitteilung zu den Ergebnissen der flumen-Studie Eversberg, Dennis et. al.: Der neue sozial-ökologische Klassenkonflikt: Mentalitäts- und Interessengegensätze im Streit um Transformation. https://doi.org/10.22032/dbt.59592 veröffentlicht worden.

Meldung vom: 5. April 2024, 8:15 Uhr | Verfasser/in: Stephan Laudien

Klimakrise, Bauernproteste, erstarkende rechte Parteien, Dauerstreit in der Regierung, Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten: Die Krise wird zum Dauermodus in Politik und Gesellschaft. Hat angesichts der gewaltigen Herausforderungen eine sozial-ökologische Transformation überhaupt noch eine Chance? Dieser Frage ging die BMBF-Nachwuchsgruppe „Mentalitäten im Fluss“ (flumen) an der Friedrich-Schiller-Universität Jena nach.

Die Forscherinnen und Forscher am Institut für Soziologie haben deutschlandweit 4.000 Menschen befragt, um ihre Sichtweisen, Einstellungen und Gefühlslagen bezüglich des gesellschaftlich-ökologischen Wandels zu erfahren. Die Ergebnisse zeigen, dass die Meinungen teils eklatant auseinandergehen bei der Frage, ob, wie schnell und in welcher Form eine sozial-ökologische Transformation notwendig ist. Die Meinungen hängen stark mit der sozialen Lage der Befragten und den damit verbundenen Interessen zusammen. Die Gruppe „flumen“ wertet ihre Ergebnisse als neuen sozial-ökologischen Klassenkonflikt.

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„Transformation jetzt!?: Wie Menschen mit Wandel umgehen“ Judith Kiss im Interview im BR2 | 04. April 2024

„Meist herrscht Einigkeit, es muss etwas gegen Klimakrise geschehen. Aber Gewohnheiten verändern, ist gar nicht leicht und was ist das richtige Tempo, damit der Wandel sozialverträglich funktioniert? Mit Sybille Giel diskutieren Erziehungswissenschaftler Prof. Fritz Reheis von der Universität Bamberg und Judith Kiss von der Universität Jena. In Zusammenarbeit mit der Evangelischen Akademie Tutzing, Tagung „Zeiten des Umbruchs“ 26.-28.04.2024″ (www.br.de)

Der Beitrag, der in der Sendung „Notizbuch: Bayern 2 debattiert“ auf BR am 04.04.2024 ausgestrahlt wurde, kann hier nachgehört werden.

Hinweis:
Vom 26. bis 28. April 2024 findet die Tagung “Zeiten des Umbruchs. Perspektiven einer Ökologie der Zeit” in der Evangelischen Akademie Tutzing statt. Hier wird Judith Kiss über Zeiten hoher Unsicherheit, Angst vor zu schnellen Änderungen und Angst vor zu langsamen und nicht genügend starken Änderungen sprechen. Alle weiteren Programmpunkte und Referierende der Tagung sowie Informationen zur Anmeldung finden Sie hier.

Bild: Talpa von pixabay

Tagungsbericht des ersten Soziologischen Waldsymposiums in der Schweizerischen Zeitschrift für Forstwesen

Kathrin Böhling, Jana Holz und Ronja Mikoleit berichten vom ersten soziologischen Waldsymposium, bei dem rund 40 Teilnehmende im Dezember 2023 in Jena die Konfliktlinien rund um Wald, Klimawandel und Forstwirtschaft diskutierten.

„Soziologische und kulturwissenschaftliche Forschungsperspektiven auf Wald und Gesellschaft machen Implizites explizit, regen zur kritischen Reflexion über Krisen und Normalisierung an und können helfen, Wandel zu verstehen und mitzugestalten. Das beim Jenaer Waldsymposium gegründete Forschungsnetzwerk wird seine Aktivitäten fortsetzen.“

Das zweite soziologische Waldsymposium findet am 17./18. Oktober 2024 in Freiburg statt.

Das PDF zum Artikel hier.

Muss eine Wirtschaft immer wachsen? Dennis Eversbergs Vortrag „Wie gerecht ist Degrowth? Gerechtigkeit in Postwachstumskonzepten“ auf Deutschlandfunk Nova ausgestrahlt

In der Offenen Akademie der Münchner Volkshochschule hielt Dennis Eversberg am 23. Oktober 2023 den Vortrag „Wie gerecht ist Degrowth? Gerechtigkeit in Postwachstumskonzepten“.

Dieser wurde aufgezeichnet und in der Sendung „Hörsaal“ im Deutschlandradio Nova einem breiten Publikum bereitgestellt.

Nachzuhören und nachzulesen hier.

Bild: kamiel79 auf pixabay

 

Blogbeitrag von Judith Kiss: „Gelingt die sozial-ökologische Transformation angesichts gesellschaftlicher Mentalitäts- und Interessenunterschiede?“

In der aktuellen Ausgabe der Rotunde, des Blogs der Evangelischen Akademie Tutzing, wurde ein Gastbeitrag von Judith Kiss veröffentlicht, der die Umfrageergebnisse der BioMentalitäten-Umfrage behandelt.

Diese werden auch auf der vom 26. bis 28. April 2024 geplanten Tagung “Zeiten des Umbruchs. Perspektiven einer Ökologie der Zeit” in der Evangelischen Akademie Tutzing thematisiert. Hier wird Judith Kiss mit Dr. Eberhard Faust über „Zeiten hoher Unsicherheit, Angst vor zu schnellen Änderungen und Angst vor zu langsamen und nicht genügend starken Änderungen“ sprechen. Alle weiteren Programmpunkte und Referierende der Tagung sowie Informationen zur Anmeldung finden Sie hier.

Forschungsbericht von Dennis Eversberg, Martin Fritz, Linda von Faber, Matthias Schmelzer: „Der neue sozial-ökologische Klassenkonflikt. Mentalitäts- und Interessengegensätze im Streit um Transformation“

Bild von Kiraface on Wikimedia Commons



Angriffe auf (grüne) Politiker:innen, Bauernproteste, Demonstrationen für Demokratie, Erstarken der AfD, Energie- und Haushaltskrise, sich auf Kriegstüchtigkeit zuwendende Sicherheitspolitik – uns wird immer deutlicher vor Augen geführt, dass wir in Zeiten des Umbruchs leben. Vor Corona, also zu den Hochzeiten der Klimabewegung, überwog der Eindruck, ein Umbruch könnte eine sozial-ökologische Transformation hin zu einer klimafreundlichen und sozial gerechteren Zukunft bedeuten. Heute ist der Wandel mit großen Unsicherheiten verbunden. Wird Wandel im Sinne einer sozial-ökologischen Transformation überhaupt noch möglich sein? Wie lassen sich gesellschaftlichen Spannungen angesichts der heutigen krisenhaften sozialen, politischen und ökologischen Herausforderungen deuten?

Flumen liefert soziologisch fundierte Erklärungen für die gesellschaftliche Konflikthaftigkeit und Möglichkeiten des (Nicht-)Gelingens einer sozial-ökologischen Transformation. In einer deutschlandweiten repräsentativen ‚BioMentalitäten‘-Umfrage hat sie 4.000 Menschen zu ihren Mentalitäten, also ihren Einstellungen, Sichtweisen und Gefühlslagen bezüglich gesellschaftlich-ökologischem Wandel sowie zu ihren Alltagsgewohnheiten und sozio-ökonomischer Situation befragt. Anhand der Umfragedaten untersuchten Forscher:innen von flumen mentale und sozialstrukturellen Gegensätze innerhalb der deutschen Gesellschaft, die die gegenwärtigen gesellschaftlichen Auseinandersetzungen um die sozial-ökologische Transformation kennzeichnen.

Der hier vorgestellte Forschungsbericht fasst die wesentlichen Auswertungsergebnisse zusammen. Darüber hinaus ist eine Buchveröffentlichung im Campus Verlag für den Sommer 2024 geplant. Im Buch erhalten die Leser:innen detailliertere Ausführungen, beispielsweise zur Verortung der flumen-Studie in die Deutungslandschaft anderer empirischer Studien zu sozial-ökologischer Transformation als Konfliktfeld, zum Inhalt und zur Methodik der flumen-Umfrage, zum Analyseverfahren bei der Auswertung der Daten und zu den verschiedenen Deutungsergebnissen.

Die Umfrageergebnisse zeigen, dass die Einstellungen der Menschen in den Fragen, ob, wie schnell und in welcher Form eine sozial-ökologische Transformation notwendig sei, teils eklatant auseinandergehen – und dass diese Meinungen tendenziell mit den sozialen Lagen der Menschen und den damit verbundenen Interessen zusammenhängen. Dies deuten die Autor:innen als einen neuen sozial-ökologischen Klassenkonflikt.

Es wird deutlich, dass es sich nicht einfach um eine gesellschaftliche Spaltung zwischen Gegnern und Befürwortern einer sozial-ökologischen Transformation handelt. Es ist zudem auch kein grundsätzlicher gesellschaftlicher Konsens erkennbar, bei dem eine Mehrheit in der deutschen Bevölkerung der Notwendigkeit einer Transformation grundsätzlich zustimmt und anderslautende Einstellungen eher von Minderheit geäußert würden. Entlang mehrerer Konfliktdimensionen stehen sich in der deutschen Gesellschaft vielmehr zehn Mentalitäten mit je spezifischen sozialen Lagen und daran anknüpfenden Interessen gegenüber. Sie können zu drei Mentalitätsspektren zusammengefasst werden: das ökosoziale Spektrum, das zügige und entschlossene Transformation fordert, das konservativ-steigerungsorientierte Spektrum, das die gewohnte, auf Wachstum fixierte Lebens- und Wirtschaftsweise gegenüber Veränderung verteidigt, und das defensiv-reaktive Spektrum, das geprägt ist von Resignation und Rückzug bis hin zu wütender Abwehr gegen ‘grüne’ und transformative Initiativen.


Der neue sozial-ökologische Klassenkonflikt als mehrdimensionaler Konflikt wird entlang von mentalen wie sozialstrukturellen Gegensätzen beschrieben, und es werden vier solche Konfliktlinien unterschieden: der Abstraktionskonflikt zwischen ‚Oben‘ und ‚Unten‘, in dem große Teile der Bevölkerung vor allem im unteren Sozialraum sich von gesellschaftlichen Steigerungserwartungen und beschleunigten Veränderungsprozessen überfordert und darüber von ‚der Gesellschaft‘ überhaupt entfremdet sehen, was Ressentiments und regressive Abwehrbewegungen gegen „die da Oben“ hervortreibt; der Lebensweisekonflikt zwischen privaten Eigentumsinteressen und Bedarfen an öffentlichen, geteilten Infrastrukturen der alltäglichen Bedürfnisbefriedigung; der Veränderungskonflikt um das Ob, die Reichweite, die Kosten und Lasten der Transformation; und schließlich der Externalisierungskonflikt um die Kostenauslagerung der bisherigen fossilen Lebensweise.

Abschließend werden Gefahren und Chancen dieser Konfliktlage skizziert und mögliche Elemente einer dafür sensibilisierten Transformationspolitik vorgeschlagen.

Eversberg, Dennis / Fritz, Martin / von Faber, Linda / Schmelzer, Matthias (2024): Der neue sozial-ökologische Klassenkonflikt: Mentalitäts- und Interessengegensätze im Streit um Transformation. Forschungsbericht der BMBF-Nachwuchsgruppe „Mentalitäten im Fluss (flumen)“, Jena. Friedrich-Schiller-Universität, Institut für Soziologie, Jena. https://doi.org/10.22032/dbt.59592