Martin Fritz spricht in der Robert-Jungk-Bibliothek für Zukunftsfragen in Salzburg zum sozial-ökologischen Klassenkonflikt | 10. Juni 2024

Bild: https://jungk-bibliothek.org, Foto: Anne Günther-Mitsching | FSU Jena



Bei den Montagsrunden der Robert Jungk Bibliothek für Zukunftsfragen (JBZ) kommen monatlich etwa zwanzig bis siebzig Personen aus verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen zusammen, um ein Thema zu diskutieren. Am 10. Juni 2024 ist Martin Fritz eingeladen, über den sozial-ökologischen Klassenkonflikt zu sprechen. Diesen mehrdimensionalen Konflikt sieht flumen als zentrale Antwort auf die Frage, warum wir in einer Gesellschaft über Klima und Nachhaltigkeit streiten.

Mehr dazu auf der Webseite der JBZ:

Warum wir über Klima und Nachhaltigkeit streiten. Vielfältige Mentalitäten, unvereinbare Interessen?
Martin Fritz | Projekt „Mentalitäten im Fluss (flumen)“ | Universität Jena
JBZ Montagsrunde 215 | MO 10.06.2024 | 19.00

Ort: Robert-Jungk-Bibliothek für Zukunftsfragen
Robert-Jungk-Platz 1 | Strubergasse 18/2 | 5020 Salzburg

Der Eintritt ist frei.
Die Veranstaltung wird auch gestreamt.
Anmeldungen sind hier möglich.

Klima wandelt Klasse (oder wandelt Klasse das Klima?) – flumen im Gespräch mit dem Akrützel

Jana Holz und Ole Deitmer haben mit dem Akrützel, Jenas führender Hochschulzeitung, über das am 17. Juli 2024 erscheinende Buch „Der neue sozial-ökologische Klassenkonflikt“ gesprochen.

Im Fokus stand die Frage nach der Deutung der Konflikte um die sozial-ökologische Transformation als einem sozial-ökologischen Klassenkonflikt, Analysen zu Mentalitäten in der bundesdeutschen Bevölkerung und (möglichen) politischen Schlussfolgerungen hieraus. 

Das ganze Interview als Online-Artikel hier.



Wer sich einen ersten Eindruck über die Erkenntnisse des Buchs verschaffen will, ist der kürzere gleichnamige Forschungsbericht empfohlen. 

Zum Forschungsbericht hier.

„Klassenkonflikt um die Transformation: Wenn Meinungen auseinandergehen“ – Neuer Beitrag von Judith Kiss und Martin Fritz auf transforming economies



Foto: Xuan Duong – Pixabay.de

„Angriffe auf Politikerinnen und Aktivisten, Bauernproteste, das Erstarken der AfD und Demonstrationen für Demokratie, Energie- und Haushaltskrise und schließlich: Diskussionen um die Kriegstüchtigkeit der Bundeswehr als Reaktion auf den Überfall Russlands auf die Ukraine – immer deutlicher wird uns vor Augen geführt, dass wir in Zeiten des Umbruchs leben. 

Vor der Corona-Pandemie, zu Hochzeiten der Klimabewegung, überwog bei vielen noch die Hoffnung, ein Umbruch in Form einer sozial-ökologischen Transformation könnte möglich sein und in eine klimafreundliche und sozial gerechte Zukunft führen. Heute hingegen scheint ein solcher Wandel eher auf Ablehnung zu stoßen und Unsicherheiten, teilweise sogar Wut zu erzeugen: Wen werden die Umbrüche besonders treffen? Lässt sich eine sozial-ökologischen Transformation angesichts des Widerstands aus vielen Bevölkerungsteilen überhaupt noch umsetzen?“

Judith Kiss und Martin Fritz gehen dieser Frage auf dem Blog transforming economies der Bertelsmann Stiftung nach, erläutern welche Antworten die Ergebnisse der Forschungsgruppe liefern kann und geben Denkanstöße, wie eine sozial-ökologische Transformation gelingen kann.

Zum Beitrag hier.

Jana Holz diskutierte das Papier „Suffizienz als ‚Strategie des Genug'“ beim Sachverständigen Rat für Umweltfragen

Im Namen der Forschungsgruppe brachte Jana Holz (M.A.) auf Grundlage des neuesten Forschungsberichts „Der neue sozial-ökologische Klassenkonflikt: Mentalitäts- und Interessengegensätze im Streit um Transformation drei Kommentare in die Diskussion ein, die das Papier „Suffizienz als ‚Strategie des Genug'“ an konkreten Stellen ergänzen und auf Forschungsbedarfe hinweisen.


  1. In Bezug auf These 11: Der Verweis auf kulturellen Wandel bzw. Wertewandel als Basis und Folge von Suffizienz ist wichtig und richtig. Wir möchten diesen erweitern um die Perspektive, dass der Durchsetzung von Suffizienz eigentlich fast immer auch handfeste Interessen bestimmter Bevölkerungsgruppen entgegen stehen, die ihre Freiheiten, ihr Privateigentum und ihre Privilegien gefährdet sehen. Unsere Forschung zeigt, dass diese Gruppen diese Freiheiten und Privilegien verteidigen und nicht bereit sind, im Sinne von Suffizienz auf ihre Gewohnheiten und eigenen Vorteile zu verzichten. Um hier ein paar Beispiele zu nennen: Mit Freiheiten meinen wir z. B.: reisen zu können wohin und wie lange man will und mit dem präferierten Verkehrsmittel der Wahl; oder ins eigene Auto steigen zu können, wann immer man mag und dieses möglichst nah und ohne Gebühren parken zu können. Privateigentum wie das Eigenheim oder angelegte Vermögen, aber auch das Recht auf die Wahl der eigenen Heizungsanlage in diesem Eigenheim werden vehement verteidigt. Privilegien wie Erbschaften oder Steuervorteile werden als Selbstverständlichkeiten angesehen und eine mögliche Einschränkung dieser Selbstverständlichkeiten im Sinne des öffentlichen Interesses wird abgelehnt. Mit diesen Interessengegensätzen und den dazu gehörigen Konflikten muss man im Zuge einer Suffizienzpolitik bewusst umgehen und politische Maßnahmen und Kommunikationsstrategien auch dementsprechend ausgestalten.

  2. Umgekehrt möchten wir bezüglich der These 5 konkretisieren, dass der im Papier geforderte strukturelle Wandel sich auf eine Stärkung von klima- und sozial gerechten öffentlichen und allgemein zugänglichen Infrastrukturen fokussieren sollteDies wird beispielweise im aktuellen Bericht des Austrian Panel on Climate Change und auch in unserem oben erwähnten Forschungsbericht ebenfalls dargelegt. Der Ausbau und die Stärkung der Daseinsvorsorge in Bereichen wie Mobilität, Gesundheitswesen, Bildung oder Freizeit wiederum liegen auch im Interesse von großen Teilen der Bevölkerung; besonders jenen, die im Alltag stark auf die Nutzung solcher Strukturen angewiesen (z.B. des ÖPNV) oder durch ihre Arbeit damit verbunden sind (z.B. durch Arbeit in Pflege, Medizin oder Bildungswesen). Dieser Fokus würde auch damit einhergehen, Finanzen, Strukturen und Erfahrungen vom privaten Bereichen hin zum öffentlichen Bereich zu verschieben, was sozial benachteiligten Teilen der Bevölkerung entgegenkommen kann und soziale Unterschiede, die auf Besitz und Privilegien aufbauen, entgegenwirken würde. 

  3. Zum Schluss möchten wir uns noch mal auf die Daten unseres neusten Forschungsberichts zum sozial-ökologischen Klassenkonflikt beziehen, denn dieser ergänzt die Thesen des Papiers wirklich gut. Er zeigt, dass Anknüpfungspunkte für Suffizienz auch jenseits offensichtlich ökosozial eingestellter Bevölkerungsteile zu finden sind, zum Beispiel in Form öko-konservativer Mentalitäten und solcher aus dem Bereich eher transformationsskeptischer Mentalitäten. Um es etwas überspitzt auszudrücken: Auch jenseits der typischen öko-sozial aktiven Bildungsbürgerin, die mit dem Lastenrad durch die Großstadt fährt, finden sich Unterstützungspotenziale für Politiken, die mit Reduktion oder einem guten und ressourcenleichten Leben einhergehen: Etwa in Teilen der ländlichen Bevölkerung, die mit der Natur verbunden sind und diese schützen wollen, also in Teilen von öko-konservativen Mentalitäten, oder unter sozial benachteiligteren Bevölkerungsgruppen, wo Suffizienz zwar oftmals nicht so heißt, aber als eine alltägliche, in langer Erfahrung mit begrenzten Möglichkeiten zur Selbstverständlichkeit gewordene Gewohnheit des Mit-Wenig-Auskommens durchaus verbreitet ist. 

Um diese Potentiale zu nutzen – und diese Bevölkerungsteile nicht von Anfang an zu verschrecken – sowie um Konflikte um die gesellschaftliche Durchsetzung von Suffizienz besser zu verstehen, ist daher unserer Ansicht nach eine Analyse des Zusammenspiels von sozialen Positionen mit Mentalitäts- und Interessenunterschieden in z. B. verschiedenen Regionen oder Branchen geboten. Indem somit die unterschiedlichen Erfahrungen und Möglichkeiten verschiedener Teile der Bevölkerung differenziert (und nicht nur als Gesamtheit) betrachtet werden, könnten wir noch besser verstehen, wie sozial-ökologische Transformationsprozesse und Suffizienzpolitiken im Konkreten aussehen und ausgestaltet sein können – und auch welche Konflikte uns auf dem Weg begegnen könnten. 

Der Versuch, Suffizienz in Politik und Öffentlichkeit in Zukunft eine größere Bedeutung zu verschaffen, scheint angesichts von den der Moderne inhärenten kapitalistischen Steigerungszwängen und individualistischen Freiheitsansprüchen eine Mammutaufgabe. Doch eine, die angegangen werden muss und der Bericht des SRU stellt dafür einen weiteren wichtigen Schritt dar. 

Weitere Informationen zur Veranstaltung vom 29.04.2024 und dem Sachverständigenrat für Umweltfragen hier.

Zum Diskussionspapier „Suffizienz als „Strategie des Genug“: Eine Einladung zur Diskussion

Jana Holz auf dem IUFRO World Congress 2024


Jana Holz spricht am 27. Juni auf dem World Congress der International Union of Forest Research Organization (IUFRO) in Stockholm zu „Human-Forest Relationship – Ambiguity in ‚taking care of the forest’” gemeinsam mit Jaana Laine (LUT University, Finnland) und Ronja Mikoleit (Stabsstelle Gesellschaftlicher Wandel der FVA und Uni Freiburg).


Abstract
The attitudes of humans toward forests can be defined as human-forest relationships, combining historical and modern aspects. These relationships affect global, societal, and individual forest-related aims and practices. This session discusses the importance of diverse human-forest relationships for sustainable future societies. Many people feel a strong emotional attachment being affectively connected to forests – they care for and take care of forest. Deep connections between humans and trees are expressed frequently, but often they are highly diverse, even conflictual.

Oftentimes, forests are mainly connected to timber production and rationality, but recently, ‘care’ has been identified as an important element in motivating human action regarding nature. Caring is intertwined with legal and psychological forest ownership. Besides valuing forests for their economic benefit, forest owners express both intergenerational respect and care and attach various meanings to forests as beloved places, a space for psychological shelter or an important part of their identity.

The concept of care (Tronto 1993, 2013) has circulated from feminist theory – originally connected to (domestic) care work in capitalism and gendered power roles – into different disciplinary fields. Currently,  glimpses of its potential are making their way into forest-related studies. ‘Care’ encompasses diverse understandings and practices of care taking. It has developed into an “important means of understanding how people relate to the world, and the relationship between people and trees is no exception” (O’Flynn et al. 2021: 228).

Our session contributes to an exploration of the concept’s potential for understanding human-forest relationships. We invite diverse forms of engagement with the concept in relation to forests and their utilization that cover various practices of ‘taking care of the forest’ and/or ‘owning a forest’, their incorporation into culture and their embeddedness in political and institutional structures – be they conceptual or empirically grounded. Central questions for our session are: What does it mean to take care of or to own a forest, in times of climate change and multiple crises? How do people develop and maintain a caring relationship to ‘their’ forest? How is decision-making (in forestry) shaped by relational, social and emotional dimensions? What role do different understandings and practices of care and ownership play in forest conflicts? Do concepts and policies in contexts of bioeconomy, circular economy or biodiversity transform how forests are taken care of? Does a caring relationship towards forests in capitalistic societies remain principally a utopian idea? Or might forests in fact be taking care of humans?

Zum Kongress-Programm hier.